Schwieriger Nachweis der Folgen
Gentechnisch veränderte Pflanzen auf dem Prüfstand
Wer in der Schweiz dereinst gentechnisch veränderte Pflanzen anbauen will, muss nachweisen, dass diese der Umwelt nicht schaden. Der Bund entscheidet und überwacht die Auswirkungen. Eine schwierige Aufgabe, wie neue Forschungsresultate zeigen.
(sda) Im Rahmen eines Forschungsprogramms des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) haben Wissenschafter Auswirkungen von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) auf die Umwelt untersucht. Zugleich befassten sie sich mit der Frage, wie solche Auswirkungen überhaupt zu erfassen sind.
Die Resultate des Programms mit acht wissenschaftlichen Projekten wurden am Dienstag an einer Tagung in Bern vorgestellt. Auf den ersten Blick scheinen sie beruhigend: Die Forscher konnten keine negativen Auswirkungen von GVO auf Wildbienen, Würmer, Schnecken oder Fliegenlarven feststellen.
Die Erkenntnisse einer weiteren Forschergruppe, die sich mit den Schwierigkeiten eines Nachweises von negativen Auswirkungen befasst hat, relativeren diese Resultate allerdings. Ein anwendbares Kriterium für die Beurteilung von «Umweltschaden» stehe nicht zur Verfügung, halten die Forscher fest.
Um Veränderungen aufzuzeigen, müssten geeignete Indikatoren ausgewählt werden. Dies sei aber schwierig, weil die meisten biologischen Indikatoren einer hohen Variabilität unterlägen. Hinzu komme, dass manche Auswirkungen erst nach sehr langer Zeit sichtbar würden.
Komplexe Ökosysteme
Ausserdem gebe es eine Vielzahl von Umweltfaktoren, so dass es unmöglich sei, einen Effekt eindeutig auf den Anbau einer bestimmten gentechnisch veränderten Pflanze zurückzuführen. Ökosysteme seien komplex, halten die Forscher fest.
Ein Umweltmonitoring, wie es das Gentechnikgesetz vorsieht, sei mit hohem zeitlichen und finanziellen Aufwand verbunden und liefere unter Umständen dennoch keine soliden Daten für Entscheide. Die Behörden sollten sich dessen bewusst sein, heisst es im Forschungsbericht.
Schwierige Risikokalkulation
Das Fehlen von soliden Daten erschwert in jedem Fall das Abschätzen der Risiken. Im Gentechnikgesetz seien die Risikogrenzwerte unterbestimmt, schreibt Klaus Peter Rippe, Präsident der Eidgenössischen Ethikkommission für die Biotechnologie im Ausserhumanbereich, in seinem Bericht.
Es sei nicht klar, was gemeint sei, wenn gesagt werde, Freisetzungsversuche seien zulässig, sofern bestimmte Konsequenzen «nicht zu erwarten» seien. Hier müsste ein konkreter Schwellenwert definiert werden, der auf einer klaren Schadenskala und den entsprechenden Wahrscheinlichkeiten beruhe. Eine reine Kosten-Nutzen-Analyse greife zu kurz.
Moratorium bis 2010
Bis 2010 dürfen in der Schweiz keine gentechnisch veränderten Pflanzen landwirtschaftlich angebaut werden. Bewilligt werden können Freisetzungen zu Forschungszwecken. Dies hat das Stimmvolk beschlossen. Nach Ablauf des Moratoriums ist der Anbau möglich, wenn die Behörden die Zulassung erteilen.
Um die Zulassung zu erhalten, muss der Saatguthersteller nachweisen, dass seine Pflanze die Umwelt nicht schädigt und einen agronomischen Nutzen erbringt. Ziel des BAFU-Forschungsprogramms war es, im Hinblick auf den Vollzug der im Gesetz vorgesehenen Sicherheitsanforderungen wissenschaftliche Grundlagen zu beschaffen.
Der Bundesrat hat Ende 2005 ein weiteres, umfassenderes Nationales Forschungsprogramm über Nutzen und Risiken der Freisetzung gentechnisch veränderter Pflanzen ins Leben gerufen. Dieses wird voraussichtlich erst im Sommer 2011 abgeschlossen. Der Bundesrat will deshalb das Moratorium um drei Jahre verlängern. National- und Ständerat müssen darüber noch befinden.