Nzz14062008

Keine schnelle Lösung gegen den Feuerbrand

Tagung über Bekämpfungsmethoden und die Rolle der Gentechnologie

NZZ 14 Juni 2008

Der Feuerbrand kann nicht mehr getilgt, sondern höchstens eingedämmt werden. Dies war der Konsens an einer Tagung in Zürich. Es herrschte aber Uneinigkeit, ob die gentechnologisch beschleunigte Züchtung von resistenten Apfel- und Birnensorten der richtige Weg ist.
ark. «Wir wollen mit dem Feuerbrand leben und nicht mit ihm sterben», sagte Beat Felder am Freitag an einer Tagung in Zürich. Mit diesem Bonmot brachte der Feuerbrand-Spezialist in der Luzerner Verwaltung den minimalen Konsens der Teilnehmer auf den Punkt. Die Tilgung der Bakterieninfektion von Kernobstbäumen ist gescheitert, man wird sich auf die Eindämmung der Verbreitung konzentrieren müssen. Wie das allerdings geschehen soll, war umstritten.

Streptomycin akzeptiert

Die vom Swiss Plant Science Center organisierte Veranstaltung stand unter dem Titel «Feuerbrandbekämpfung in der Schweiz: traditionelle Lösungen oder Gentechnologie?» Zur Debatte standen einerseits die Bekämpfungsmethoden. Sie erstrecken sich derzeit vom Schnitt von befallenen Pflanzenteilen über die Rodung von schwer befallenen Bäumen bis zum Einsatz von Präparaten auf der Basis von Hefe, antagonistischen Bakterienstämmen und heuer mit der Zulassung von Streptomycin erstmals von Antibiotika. Letztere standen kaum in der Kritik, man scheint sie derzeit fast unisono mangels gleichwertiger Alternativen als notwendiges Übel in Kauf zu nehmen.

«Gentechnik beschleunigt Züchtung»

Intensiver verliefen die Auseinandersetzungen bei der Frage des Gentechnologie-Einsatzes in der Züchtung von resistenten Apfel- und Birnensorten. Zunächst zeigten Viola Hanke von der deutschen Bundesanstalt für Züchtungsforschung und Cesare Gessler von der ETH Zürich das Spektrum der Möglichkeiten auf, mit denen die Gentechnologie die Züchtung von resistenten Sorten vorantreiben und beschleunigen kann. Während die traditionelle Kreuzung Jahrzehnte braucht, um eine marktreife Sorte hervorzubringen, kann dies mit Hilfe der Einschleusung von Resistenzgenen aus wilden Sorten in einer Handvoll Jahren bewerkstelligt werden. Allerdings sollte man daraus nicht den voreiligen Schluss ziehen, dass ein Durchbruch unmittelbar bevorsteht. Samt den nötigen Bewilligungsverfahren braucht auch die gentechnologisch gestützte Züchtung viel Zeit. Zudem hat man – wie die am Anlass live vermeldete Zerstörung der Versuchsanlage in Reckenholz (siehe Zürichteil) zeigt – mit hartem Widerstand zu rechnen.
In einem gemeinsamen Vortrag erklärten der Schweizer Vogelschützer Michael Schaad und der deutsche Hochstamm-Spezialist, dass sie die gentechnisch gestützte Züchtung ablehnen. Sie sehen dadurch die Artenvielfalt gefährdet. Eher überraschend erhielten die Gentechnik-Züchter dagegen den Support von Bauernverbandspräsident Hansjörg Walter. Er erklärte, dass er beim Vorliegen einer derart gezüchteten Sorte diese sofort in seinen Obstgarten auspflanzen würde. Dies erstaunt deshalb, weil der Bauernverband das vom Volk gutgeheissene Moratorium für einen fünfjährigen Anbaustopp von GVO unterstützt hat. Beim Obstverband wiederum begegnet man der GVO-Züchtung mit gemischten Gefühlen. Einerseits wäre man froh um eine schnelle Therapie gegen den Feuerbrand, sagte Direktor Bruno Pezzatti. Die Krankheit hat letztes Jahr die Produktionskosten bei den Obstproduzenten um bis zu 60 Prozent erhöht und ihnen Kosten von 20 Millionen Franken verursacht. Gleichzeitig scheut man beim Verband die Skepsis der Konsumenten gegenüber GVO-Produkten.

«Lieber Golf als GVO-Honig»

Skeptisch ist auch Dieter Schürer vom Verband der Schweizerischen Bienenzüchtervereine. Honig sei ein Naturprodukt, sagte er und fragte sich, wie man den Konsumenten erklären solle, dass dieser nun potenziell aus Blütenstaub von gentechnisch gezüchteten Bäumen produziert werde. Dabei ist für ihn auch die Aussicht auf allfällige Entschädigung im Fall der Kontamination kein Trost. Man wolle sich doch das Ergebnis des aufwendigen Hobbys Imkerei nicht einfach zerstören und entschädigen lassen, erklärte er, «da fange ich lieber an, Golf zu spielen».

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